Kalt ist der Morgen, an dem Till spurlos verschwindet. Caspar kann nicht glauben, was geschieht. Denn sein lieber kleiner Bruder verschwindet nicht nur aus ihrem Leben, sondern ganz offenbar auch aus der Erinnerung seiner Familie. Nicht einmal Mama und Papa scheinen sich an ihn zu besinnen. Sie merken nicht, dass es Tills Kinderzimmer plötzlich nicht mehr gibt und dass die Fotos an der Wand fehlen, auf denen Till zu sehen war. Ob das alles mit dem Messer zu tun hat, mit dem Caspar diesen wunderschönen Marionettenkopf geschnitzt hat, der Till so lebensecht ähnelt? Und mit dem unheimlichen Fremden, der im Puppentheater von Caspars Eltern aufgetaucht ist und ihm dieses Messer geliehen hat? Auf seiner verzweifelten Suche nach Till findet Caspar zum Glück wenigstens in seiner Schwester Greta und im alten Angestellten Anatol Mitwisser und Helfer, die sich noch an Till erinnern. Anatol scheint mehr zu wissen, als er zunächst zugibt. Offenbar befindet er sich selbst auf der Flucht vor einem uralten Geheimnis, dass das Schicksal von Caspars Familie mit dem einer uralten italienischen Puppenschnitzer-Familie verbindet – den Colodis…
Eine wahrhaft atemberaubende Geschichte, die im winterlichen Kopenhagen spielt. Wie in kalten Nebel gehüllt lüftet sich nur langsam das Geheimnis, um ein parallel zur sichtbaren Wirklichkeit sich abspielendes Drama. Nicht nur Till, viel mehr Kinder sind verschwunden, seit Generationen, keines wurde bislang vermisst, weil der geheimnisvolle Meister des Vergessens die Erinnerung der Menschen abgeschnitten hat. Dafür fesselt er die Kinder selbst mit unsichtbaren Fäden an sich, um sie für seine düsteren Machenschaften zu gebrauchen. Caspar begibt sich wissentlich in die Fänge des Meisters und stellt damit zum ersten Mal eine Verbindung zwischen beiden Welten her, deren Zentrum im berühmten Dicken Turm er dänischen Hauptstadt zu suchen ist. Ein höchst riskantes Spiel.
Ein wunderbar gewobener Abenteuerroman aus der Feder der großartigen Stefanie Taschinski, stimmungsvoll, düster und zugleich leuchtend – da sich die Liebe der Kinder zueinander, die geschwisterliche und die neu entstehende freundschaftliche, gegen das Dunkle in der Welt durchzusetzen weiß. So dass Caspars Vorhaben gar nicht unbedingt gelingen müsste, um die ganze Wärme dieses Buchs in sich zu aufzusaugen… Richtig gut. Und richtig schön.
Stefanie Taschinski: CASPAR UND DER MEISTER DES VERGESSEND. Oetinger, 2017. #_ISBN_978_3_7891_0426_8. 288 Seiten. LW_Ab_10_Jahren. 14,99 €