Boneshaker

Markerschütternd gut. Anders und wieder anders. Ein Mädchen, ihr bockiges Fahrrad, eine Epidemie, seltsame Gestalten und eine Menge magischer Maschinerie. Das riecht nach Abenteuer und Gefahr. Super.

© Verlag Freies Geistesleben

Ich kann euch beim besten Willen nicht sagen, ob dies vielleicht der erste Roman ist, den ihr von Kate Milford lesen solltet, der, mit dem alles beginnt. Vielleicht sollte man wie ich mit Greenglass House beginnen. Oder doch mit Broken Lands? Da alles hier in alles greift, kann man wohl einsteigen, wo man möchte. Spannend also: Jeder Leser, jede Leserin sucht sich ihren eigenen Weg durch das Räderwerk der Geschichten dieser fantastischen Autorin. 

Ein „Knochenschüttler“ ist durchaus eine markerschütternde Sache. Auch wenn es sich in diesem Buch dabei (zunächst nur…) um ein Fahrrad handelt. Eins von der Sorte mit einem großen und einem kleinen Rad. Eins, das Heldin Natalie bei jedem Fahrversuch abwirft wie ein bockiges Pferd. Was für das von jeder Art von Technik und Mechanik begeisterte Mädchen ein echtes Ärgernis ist.

Die Geschichte beginnt, als der Arzt ihres amerikanischen Heimatstädtchens mit einem der ersten Automobile zu einer Epidemie in den Nachbarort aufbricht. Genau da erreicht ein seltsamer Trupp Natalies Heimatort und schlägt einen ungewöhnlichen Jahrmarkt auf. Quacksalber. Stellen die seltsamsten Apparaturen, Maschinen und dubiose Heilmethoden vor. Als die Bevölkerung ihnen bald schon nahezu hypnotisch folgt, beginnen Natalie und ihre Freunde Verbindungen zu den alten Geschichten zu ziehen, von denen Natalies Mutter vor ihrer Erkrankung stets erzählt hat und die in die Ruinen einer benachbarten Geisterstadt weisen. Auch der ur-uralte Gitarrist Tom Guillot weiß davon zu berichten. Spielt er doch selbst eine Hauptrolle in diesen alten Mythen… Nur — Wie kann jemand noch munter auf seinem Instrument herum zupfen, wenn er tatsächlich in mehr als hundert Jahre alte Geschichten gehört? 

Über die faszinierende, dampfende und kreischende Mechanik des Buchs beginnt sich zunehmend ein diabolischer Schleier zu legen, der immer bedrohlicher wird. Lange bewahrt Natalie einen kühlen Kopf, noch länger braucht sie, um die Fäden aller Ereignisse zu entwirren, doch dann zählt nur noch ein Ort — und an diesen muss sie sehr schnell kommen. Beim entscheidenden Run darf ihr Rad sie nicht im Stich lassen…

Ein absolutes Steampunk-Buch, in dem natürlich auch ein Perpetuum Mobile nicht fehlen darf. Starke Nerven und technische Abgebrühtheit sollte man als Leser:in mitbringen, auch wenn der Grusel und die Anspannung subtil sind: sie wühlen auf. Der Titel ist Programm: Nicht nur die Maschinen der teuflischen Quacksalber erschüttern ihre Patienten bis ins Mark, auch die Geschichte schüttelt uns durch. 

Kate Milford: Boneshaker
Verlag Freies Geistesleben, 2015. Aus dem Englischen von Alexandra Ernst. Mit Illustrationen von Andrea Offermann. Gebunden. 382 Seiten. ISBN 978-3-7725-2774-6. Ab 12

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