Feingesponnene Familiengeschichte aus Kanada. Spannung, Rätsel und Grusel um das Hotel Winterhaus gehen weiter. Fantastischer Lesestoff für Worträtsler und Geheimnistüftler ab 12
Schon bei Band 1 von Ben Gutersons WINTERHAUS sprachen wir von „Lesestoff vom Feinsten“. Kein Wunder, geht es doch um ein altes Familiengeheimnis, bei dem rätselhafte magische Fähigkeiten der einzelnen, teils verschollenen Mitglieder eine wichtige Rolle spielen. Und rankt sich auch der 2. Teil um faszinierende Wortspiele wie Anagramme und dieses Mal auch Ambigramme. Wir folgen zudem nicht nur herrlich spannenden Geheimnissen, mysteriös verdrehten Wörtern und undurchschaubar wirkenden sprachlichen Hinweisen, sondern begegnen auch immer wieder gut bekannter Lektüre, was das Herz einer jeden Leseratte höher schlagen lässt. Ja, WINTERHAUS ist auch ein Buch für Buchfreaks und spielt im Verlauf der Geschichte auf andere, teils sehr bekannte Kinderliteratur an. Es gilt folglich eine Fülle an Entdeckungen zu machen. Mit nebenbei dem einen Ergebnis, dass man am Ende des Buchs eine Liste hat, was man noch alles unbedingt lesen muss!
Die junge Elizabeth Somers ist zudem eine äußerst sympathische Heldin, in die man sich mit Herz und Seele einfühlt. Wie gut, dass ihr Großvater, Leiter des luxuriösen Winterhotels, sein Versprechen wahrmacht und sie zu den diesjährigen Winterferien schließlich ganz zu sich holt. Bis dato musste Elizabeth bei Onkel und Tante leben, die einen Charme versprühen, dem auch Harry Potter bei seinen Muggel-Verwandten eher… nicht erlag. In dem traumhaft schönen, gar nicht bis in den letzten Winkel durchschaubaren Hotel kümmert Elizabeth sich um die herrliche Bibliothek, forscht dabei allerdings — mit Hilfe ihres Freundes Freddy, der den Winter auch wieder hier verbringen darf — weiter an dem seltsamen Geheimnis, das ihre Familie umgibt. Ein Geheimnis das mehr und mehr durchblicken lässt, das besonders die Frauen die ihnen gegebenen magischen Fähigkeiten für dunkle Zwecke zu nutzen trachten. Nach wie vor versucht Elizabeth’ Großvater sie genau davor zu schützen; Elizabeth ist von den magischen Fähigkeiten, die ihre Verwandten umgeben jedoch nicht nur aus Interesse angezogen, als Blutsverwandte trägt sie selbst ihren Teil davon in sich. Freddy repariert in Großvater Falls Auftrag nebenbei die Camera Obscura, die auf dem Dach des Hotels installiert ist, früher um den Gästen auch bei schlechtem Wetter einen bequemen Rundumblick in die herrliche Landschaft von Winterhaus zu gewähren, heute optimal geeignet für clevere Jung-Spione, die von Anfang an spüren, dass mit einigen Gästen des Hauses nicht zu spaßen ist.
Ganz viele Fäden nimmt Autor Ben Guterson erneut auf. So viele Geheimnisse, verschlungene Verbindungen und verblüffende Rätsel, dass man kaum glaubt, sie noch in diesem Band aufgelöst zu sehen. Um so faszinierender, dass das scheinbar Unauflösbare doch entwirrt wird. Bleibt nur das große Ganze des Familiengeheimnisses, bleibt nur noch die Vorfreude auf Band 3, der nicht mehr lange auf sich warten lässt.
Hut ab auch vor der Übersetzungsleistung von Alexandra Ernst! Man bedenke, dass all die Andeutungen, Wortspiele und Sprachrätsel ursprünglich natürlich in englischer Sprache erdacht waren… Sie funktionieren dank ihr auch auf deutsch reibungslos. Großartig.
Ab 12 Jahren, vorausgesetzt man hält auch Spannendes und eine gute Portion Grusel aus.
Ben Guterson: DIE GEHEIMNISSE VON WINTERHAUS.
Verlag Freies Geistesleben, 2019. Aus dem Englischen von Alexandra Ernst. Mit Illustrationen von Chloe Bristol. ISBN 978-3-7725-2892-7. 407 Seiten. Mit Lesbändchen. Ab 12 Jahren.