Coole Kräfte

Bildersachbücher machen uns clever! Dieses hier ist verdammt schlau gemacht. Wie man sich schon denken kann, wenn man sieht, dass David Macaulay auf dem Cover steht. Er ist der Schöpfer des Mammutbuchs der Technik, hat aber auch architektonische Bestseller für Kinder geschrieben und gezeichnet wie „Eine Stadt wie Rom“ oder „Sie bauten eine Kathedrale“. Phänomenal gut!

© Dorling Kindersley

Hier erzählt er die Geschichte von zwei Tieren, die gern aus ihrem Gehege im Zoo ausbrechen würde – und stellt dabei alle grundlegenden physikalischen Prinzipien einfacher Maschinen vor: Keil, Rad und Achse, Hebel, Schiefe Ebene, Schraube und Flaschenzug. Das ist ebenso was für ewige Technikmuffel (Heureka! Jetzt kapier selbst ich!) wie für zukünftige Experten. Ich würde es, wie es ist, sogar unbedingt im ersten Physik-Unterricht einsetzen.

Ein fantastisches Kinder-Sachbuch. Ein Kinderzimmerschatz. Bei dem sich viel bewegt und viel in stabilster Qualität auszuprobieren ist. Ab 7 Jahren.

David Macaulay: Coole Kräfte. So arbeiten einfache Maschinen.
DK. 2016. ISBN 978-3-8310-2917-4. 32 mit Klappen, Pop-Ups und mehr ausgestatteten Seiten. Hardcover. Mit maschinell beweglichem Cover. Ab 7

Er müsste einen fantastischen Lehrer abgeben. Denn obwohl David Macaulay über physikalisch-technische Phänomene unterrichtet, erzählt er vor allem eine Geschichte. In diesem Fall die von Fred und Rüssel, einem Faultier und einer Ratte, die es in ihrem Gehege im Zoo langweilig finden und deshalb ausbrechen wollen. Dazu erfinden und bauen sie einfache Maschinen. Zum Beispiel eine schiefe Ebene. Hier wird jedem Betrachter schnell klar, dass man mittels einer solchen zwar einen eindeutig weiteren Weg zum Ziel zurücklegen muss, dass dieser aber sehr viel bequemer ist als wenn man den steilen Zaun direkt versuchte hinaufzuklettern. Abgesehen davon, dass der lange schiefe Weg gut zu schaffen ist, für den steilen Zaun die Kräfte aber nicht reichen. Das Unglück allein vereitelt Freds und Rüssels ersten Plan. 

Doch haben sie ja andere in petto. Der Keil ist ja nur eine kleinere schiefe Ebene, mit der man zum Beispiel eine Zoogehegetür am Zufallen hindern kann… Bei Langhaarschneidern, Reißverschlüssen und Axtklingen liegen ebenfalls mechanisch betrachtet Keile vor, weshalb sie geschickt mit in die Geschichte vom geplanten Ausbruch gewebt sind. 

Der Hebel wird nicht nur der nächste Versuch der beiden Ausbrecher, eine Wippe, bei der man die Hebelfunktion selbst ausprobieren kann, öffnet sich im Buch als Pop-Up, ebenso wie das Hindernis, das die beiden Tiere überwinden müssen. Man ist also selbst dafür verantwortlich, wie die Geschichte weiter geht. 

Die Versuche und die Maschinen der beiden Kumpel werden immer komplexer und ausgefeilter, bis sich schließlich eine Mega-Seite entfaltet, auf der man die allerletzte Maschine bewundern kann, die Fred und Rüssel gebaut haben. Sehr eindrucksvoll! Wie das gesamte Buch, das mit Try and Error arbeitet, viel Extra-Info liefert und alles, was sonst so kompliziert erscheint, prima einfach erläutert und abbildet. Ein Glossar und ein Happy End (wenn auch anders als geplant…) runden das Buch ab.