Experimente mit wildem Gemüse. Naturnahes Leben mit dem Wildkräutersammler. Ein Sach- und Schmöker-Buch für Erwachsene Zauberer
Wenn ich in Büchern wie diesem lese und mich von den wunderbaren Illustrationen und Rezepten verführen lasse, wünsche ich stets ich hätte das Wissen und fundierte Vertrauen meiner Eltern und Großeltern. Für sie hätte ein Buch über die essbaren Pflanzen am Wegesrand vermutlich nichts Magisches. Sie kennen Giersch, Kornelkirsche und Schafgarbe seit ihren Kindertagen. Verwechslung mit giftigen Ähnlichkeiten anderer Kräuterschönheiten ausgeschlossen. Immerhin, Hirtentäschel erkenne ich auch, die Heckenrose natürlich, den Bärlauch kann ich zum Glück vom Maiglöckchen unterscheiden, und die Knoblauchrauke verrät ihr Duft. Ja, so nach und nach beim Blättern im Buch fällt mir wieder ein, wie wir Taubnesselblüten aussutschten, echte Kamille sammelten (und die von mir gepflückte Hundskamille auf den Kompost warfen) und aus den wunderbar herben Holunderbeeren heilsamen Saft kochten. Erst jetzt lese ich in diesem Buch, dass man dafür nicht die Früchte des äußerst giftigen Zwergholunders verwenden soll. Von dem ich bislang gar nicht wusste, dass es ihn gibt…
Mit anderen Worten, ihr Lieben: Hier stelle ich euch endlich mal wieder ein Buch für euch Erwachsene vor. Ein zauberhaftes Buch voller herrlicher Wegesrand-Gewächse, deren Wirksamkeit und Genießbarkeit wir nicht erst in Krisenzeiten lernen sollten, sondern uns lange Zeit nehmen sollten, uns mit ihnen — wirklich — vertraut zu machen. Je eine Doppelseite ist der jeweiligen Pflanze in Farbe gewidmet, wunderschön und sehr gut erkennbar (denn auf die Details kommt es an) gezeichnet von Julie Terrazzoni, inklusive Steckbrief mit Blütezeit, Erntezeit, Vorkommen, Beschreibung und Gegenanzeigen. Die jeweils zweite Doppelseite berichtet weiteres Wissenswerte über die Pflanze, hinterlegt mit zarten, prima zum Anmalen geeigneten Zeichnungen wichtiger Details der besprochenen Pflanze. Dass man sie anmalen kann — da kamen die Kinder drauf. Ich denke allerdings, dass das kein schlechter Weg ist, um sich auch als Erwachsene Blattform, Blüte oder Früchtchen genau einzuprägen. Und das kann beim Wildkräutersammeln entscheidend sein zwischen wahrer und „gefährlicher“ Magie, wie unser Kinderarzt meinte.
Dieses Buch ist ein Schatz — mit seiner Fülle an Wissen, der wunderbaren Aufmachung, den nützlichen Hinweisen zum Kräutersammeln zu Beginn, dem ausführlichen Glossar, Bücher- und Website-Tipps im Anhang. Und auch bei unseren wohltuenden sowie wohlschmeckenden Kräutern handelt es sich um einen wahren, vom Vergessen bedrohten Wissens-Schatz. Dieses Buch trägt dazu bei, dass wir ihn wieder entdecken. Geschrieben hat es Christophe de Hody, französischer Naturheilkundler und Wildkräuterexperte, der in und rund um Paris Workshops und Kurse zu essbaren und heilenden Pflanzen, sowie Exkursionen und Spaziergänge anbietet, bei denen man die Kräuter wirklich kennenlernt. Und genau dies empfehle ich euch auch! Solltet ihr euch bislang nicht oder nicht wirklich mit essbaren Pflanzen vom Wegrand auskennen, mag dieses Buch ein guter Anfang sein; bevor ihr jedoch anfangt, damit zu kochen und davon zu essen, geht mit einem Experten raus in die Natur und studiert die Pflanzen mit einem Kenner vor Ort. Damit ihr euch wirklich sicher seid, die wohl- und nicht die übeltuenden Verwandten erwischt zu haben. Danach ist das Buch dann erst recht ein wertvoller Begleiter.
Christophe de Hody: DER WILDKRÄUTERSAMMLER. Essbare Pflanzen am Wegesrand
Illustriert von Julie Terrazzoni. Aus dem Französischen übersetzt von Claudia Arlinghaus. Knesebeck Verlag. 2020. Gebunden, 164 Seiten.
ISBN 978-3-95728-373-3. Für Erwachsene