So kommt man beim Lesen von einem Buch zum anderen… Kann es sein, dass alle Bücher miteinander verwoben sind? Ein weites Netz von Geschichten, Gedanken, Wissen spannen? Und wir Leser hangeln uns vergnügt darin herum. Ich glaube, das nennt man die Welt erforschen…
Jedenfalls hat mich David Almonds Buch Mein Name ist Mina, das ich euch im Sommer ans Herz gelegt habe, mit seinen letzten Zeilen direkt zu seinem bereits 2022 erschienenem Titel „Skellig“ gebracht. Hier ist der Übergang überraschend nahtlos. Die letzten Zeilen des jüngeren Buchs sind die ersten des älteren. Da „Mina“ mich ungeheuer bewegt hat, war der Griff zu „Skellig“ nahezu ein Muss. Und ich habe es nicht bereut.
Der Junge, der mit seiner Familie in Minas Nachbarhaus einzieht, Michael, ist dieses Mal Hauptfigur der Geschichte. Traurigkeit umgibt ihn und seine Eltern. Da das Baby, seine kleine Schwester, aufgrund eines Herzfehlers zwischen Leben und Tod schwebt. Es ist schwer, sich auf das neue Haus, die Schule, den Alltag zu konzentrieren, und für das neugierige Nachbarsmädchen hat Michael eigentlich auch keinen Gedanken frei, doch dann findet er etwas, besser gesagt jemanden, in der heruntergekommen Garage des neuen Hauses. Jemanden, der keine Kraft mehr zu haben scheint, der verwildert und kaputt ist und dennoch lebt. Ein Mann? Eine seltsame Anziehungskraft geht von ihm aus und zieht Michael ebenso an, wie er ihn abstößt. Zum Glück ist das Mädchen im Nachbargarten fantasievoll genug, um ihm zu glauben. Ihrer Tatkraft ist es zu verdanken, dass die beiden Kinder Skelligs unglaubliche Natur erforschen und sich mit diesem seltsamen Wesen anfreunden. Ein gefallener Engel? Ein Penner – mit Flügeln? Oder doch nur eine Fantasie zweier besonderer Kinder, die der Traurigkeit die Hoffnung entgegensetzen? Die Geschichte nimmt uns bei der Hand, wie Skellig die Kinder, und führt uns aus einer vergammelten Garage bis hinauf zu den Käuzen auf einem Dachboden über der Stadt. In jeder Zeile steckt tiefe Liebe. Die Liebe zu den anderen, die mit uns leben. Eine ganz einfache, völlig ungewöhnliche und wunderschöne Geschichte. Für Leser ab 12.
David Almond: Skellig. Aus dem Englischen von Johanna und Martin Walser. Freies Geistesleben, 2022. Gebunden. 184 Seiten. ISBN 978-3-7725-3131-6. Ab 12