Wenn nicht der Oktober die schönste Zeit zum Vorlesen ist! Es wird abends wieder früher dunkler. Wir kuscheln uns gern wieder ein. Was soll ich sagen, Mamas und Papas? — Bilderbuchzeit!
Und wenn wir als Kleine dann so geborgen sind, darf es gern auch ein bisschen gruselig, raschelig, knisterig sein. Vielleicht mit dieser alten Legende aus der südlichen Schweiz, die Eveline Hasler so wunderbar nacherzählt und Käthi Blend besonders vielseitig illustriert hat. — Der Herbst weht hier durch alle Seiten. Es leuchten Hagebutten. Und in der wilden Berglandschaft findet, wer einen scharfen Blick hat, Gesichter und Wesen überall.
Wer in der Natur ist, ist nicht allein.
Ich mag dieses Buch.
Erzählt wird von zwei Brüdern, die sich äußerlich ähneln, doch vom Wesen her kaum unterschiedlicher sein könnten. Es ist das Märchen vom helfenden, der Natur mit Respekt begegnenden Einen; und dem unflätigen, nur den eigenen Vorteil im Blick habenden Anderen. Beide steigen sie noch kurz vor Wintereinbruch durch den Wald auf die Alm hinauf, um die Schindeln auf der Hütte zu reparieren. Doch zunächst geht der Fürsorgliche. Und wird für seine behutsame, helfende Art von seltsamen Zauberwesen belohnt. Daraufhin steigt auch der Bruder hinauf, den selben Weg, rabiat, gewissermaßen ohne rechts und links zu schauen. Doch als seine Belohnung ausbleibt, erst da, gerät er ins Denken. Es ist die Geschichte einer Erleuchtung. Uraltes Erzählgut. Und so aktuell und wichtig wie vielleicht nie zuvor.
Eveline Hasler, Käthi Blend, Die Nacht im Zauberwald. Nord-Süd, 3. Überarbeitete Auflage 2021. Gebunden. 36 Seiten. ISBN 978-3-314-00580-7. Für Kinder ab 5 Jahren, Poetinnen und Poeten, wie es bei diesem Verlag stets so schön heißt.