Lesen ist doof

von Nils Freitag & Silke Schlichtmann

Sonntag ist ein guter Tag für das außergewöhnliche Buch bei LESEWEIS. Und euch ein Buch vorzustellen, dass „Lesen ist doof“ titelt, ist mindestens außergewöhnlich, wenn nicht gar ein reiner Kamikazeflug auf meiner Seite. Schließlich bin ich für das Lesen durch und durch — und dann so etwas?

Doch natürlich ist der rausgekitzelte Widerspruch hier Programm. Außerdem haben so wundervolle Kinderbuchmacher:innen an diesem kleinen Bilderbuch mitgearbeitet, dass mit dem Titel selbstverständlich etwas faul sein muss. Regina Kehn, Julie Völk, Kathrin Schärer, Daniela Kulot, Ute Krause, Axel Scheffler, um nur die zu nennen, die LESEWEIS ganz, ganz besonders schätzt. Jede Seite begründet (vordergründig), warum lesen doof ist. Das Bild dazu begründet (hintergründig), warum es einfach nur klasse ist. Abgründig, oder?

Ich würde zu gern wissen, wer den herrlichen Einfall für dieses Buch hatte; und ob jede Künstlerin, jeder Künstler auch den zugehörigen Satz zum Bild selbst gefunden hat; oder ob diese vorgegeben waren. Denn die Bilder samt Sprüchen scheinen mir nicht zufällig angeordnet. Das Büchlein startet mit: „Lesen ist doof, weil der Anfang immer so schwierig ist“ und führt bis „Lesen ist doof, weil es so schnell zu Ende geht.“ Und von Alpha bis Omega bietet jedes Satz-Bild-Pärchen eine wunderbare Gelegenheit zum Diskurs darüber, warum wir gerne lesen. Jetzt habe ich diese Rezension mit so vielen Wörtern aus der Familie „Grund“ (vordergründig, hintergründig, abgründig, begründet…) vollgepackt, dass es wohl nur so sein kann, dass wir mit diesem kleinen Meisterbuch ein Grundlagenwerk über das Lesen vorliegen haben. 

Feine Brillanz aus dem Kinderbuchregal.

Nils Freytag, Silke Schlichtmann, Lesen ist doof.
Hanser-Verlag, 2023. 50 Seiten. ISBN 978-3-446-27598-0.