Halten viele kleine Wesen so innig zusammen wie in den Geschichten vom Heckenrosenweg, dann gibt es meistens eine starke Persönlichkeit, die sie alle um sich schart, und zusammen bringt, was zusammen gehört. Das ist in unserem Fall Tilda Apfelkern. Holunderblütenweiße Kirchenmaus. Kluge und umsichtige, starke, dazu äußerst bescheidene, mutige und abenteuerlustige Persönlichkeit, die in einem kleinen Häuschen am Fuße der Kirchenmauer wohnt. Gut, sie hat ein bisschen Probleme, Ordnung in ihrem Häuschen zu halten, was aber nur daran liegt, dass sie so viele herrliche Dinge darin sammelt und ihre Zeit hauptsächlich damit verbringt, sich um ihre Freunde zu kümmern. Da ist Rupert, der Igel, der stets ein bisschen bei Laune gehalten werden muss. Edna Eichhorn mit ihren Kindern. Robin, das Rotkehlchen und vor allem die graue Maus Molly, die praktischerweise im Dorfladen direkt unter dem Postschalter wohnt – und deshalb immer über alle Neuigkeiten bestens informiert ist. Hat einer im Dorf Sorgen, kommt er zu Tilda. Tapfer und tatendurstig wie sie ist, hat sie stets eine Idee, wie geholfen werden kann, ob es um Hochwasser oder Bauchschmerzen, um anrückende Verwandtschaft oder gar um nächtlichen Spuk geht, Tilda ist immer bereit, ihren Freunden zu helfen. Und es gibt nichts, was sie unversucht lassen würde.
Wenn alle Stricke reißen, gibt es bei Tilda immer noch eine gute Tasse Tee – ganz nach englischer Art. Herr Schmachtl ist sehr von England und sicher auch von der englischen Kinderliteratur beeinflusst, lebt er ja auch einen großen Teil des Jahres in England. Entscheidend jedoch ist, eine Freundin wie Tilda tut gut. Wie eine gute Tasse Tee. Wird im Buch der Tee getrunken, kehrt auch bei den Lesern das beruhigende Gefühl ein, dass alles in Ordnung ist. Es ist in Ordnung, weil die Freunde da sind.
„Wenn man sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen kann oder einem der Wind um die Nase weht, wenn die Vögel in den Bäumen singen, alles ringsum summt und brummt und blüht, wenn die frischen Erdbeeren rot an den Büschen leuchten oder ein köstlicher Käsekuchen zum Abkühlen auf dem Fensterbrett steht – und wenn man all das dann mit seinen Freunden teilen kann, das ist wirklich das Schönste auf der Welt. Schade, dass das so wenige Leute wissen.
Aber IHR wisst es ja jetzt. Und wenn ihr einmal glaubt, ihr könntet es vielleicht vergessen, dann schaut doch einfach in dem kleinen Dorf irgendwo zwischen den Hügeln vorbei. Ihr braucht nur nach dem Kirchturm zu suchen, den kann man gar nicht übersehen.
Klopft ruhig an Tilda Apfelkerns Tür. Sie ist bestimmt in ihrem Häuschen, wo es vielleicht nicht immer aufgeräumt ist, aber wo es stets nach Marmelade duftet und wo immer reichlich Tee und Gebäck auf euch warten.“
– Andreas H. Schmachtl in TILDA APFELKERN. WUNDERBARE GESCHICHTEN AUS DEM HECKENROSENWEG, Arena, 2009.
Was brauchen unsere Kinder mehr für eine glückliche Kindheit?