Gespräch mit Jan von Holleben über „Meine wilde Wut“

MEINE WILDE WUT!
Da mich dieses Foto-Papp-Bilderbuch aus dem Beltz&Gelberg-Verlag so fasziniert und ich mich zeitgleich frage, wie es auf Kinder wirkt, wie es helfen kann, wie es gedacht ist, habe ich Fotokünstler Jan von Holleben ein paar Fragen gestellt.

Konstanze von LESEWEIS®:

Lieber Jan, warum ein Kinderbuch über Wut?

Jan van Holleben: 

Weil Wut gut ist – aber meist falsch gehandelt wird. 

Weil es eine wichtige Art der Kommunikation ist und da anfängt, wo Worte und kritische Distanz verloren gehen. Kinder müssen das ganz dringend lernen; Eltern auch. Wer, wenn nicht wir Erwachsenen/Eltern müssen den Kids beibringen, Wut zu verstehen, und uns dabei selbst damit auseinander setzen.

Für jede Wut gibt es gute Gründe: Hunger, Allein sein, Verletzung, Überforderung, Vernachlässigung, etc. Diese besser und schneller erkennen zu können ist unser Ziel und Wunsch mit dem Buch.

Konstanze von LESEWEIS®:

Wie eng haben Fotograf, Kinderpsychologe und Texter bei diesem Buch zusammen gearbeitet? Man kann nicht erraten, was zuerst da war – die energiestrotzenden, förmlich explodierenden Fotos; die Wut selbst; oder die Sprach- und Wortspiele.

Jan van Holleben:

Wie bei unserem Trennungsbuch UND WAS PASSIERT MIT MIR? war ich mit Kinderpsychologe Arne Jørgen in den Norwegischen Bergen wandern, und  wir überlegten, was uns wichtig wäre, den Kids spielerisch nahe zu bringen. Da kamen wir bald auf ‘Gefühle’  und eben diese besser zu verstehen. Arne Jørgen hat da ja in seiner psychologichen Praxis sehr viel Erfahrung und sieht dies als grundlegendes Defizit in der generellen Erziehung der Eltern.

Grund genug für uns ein Buch dafür zu konzipieren. BELTZ war ganz begeistert von der Idee. Also haben wir ein Jahr an der Idee rumgedoktert und uns dann, als das Konzept und am Ende auch die Bilder fertig waren, einen wundervollen Texter gesucht, der uns mit wenigen Worten die Inhalte jedes Bildes noch zur Perfektion herausarbeiten konnte. Den fanden wir in Jörg Isermeyer mit großer Begeisterung und schwubbsdiwubbs war das Buch fertig.

Konstanze von LESEWEIS®:

Ist es deine Absicht, dass Eltern und Kinder über deinem Buch über ihre Wut ins Gespräch miteinander kommen?

Jan van Holleben: 

OH JAAAAAAA!!

SEHR SOGAR!

Konstanze von LESEWEIS®:

Hast du mit den Kindern, die du für dieses Projekt fotografiert hast, selbst über Wut geredet?

Jan van Holleben: 

Wie immer war die Entstehung der Bilder ein sehr inklusiver Prozess. 

Wir haben sehr, sehr viele Bilder gemacht, mit den Kindern alles mögliche ausprobiert, und die Erfahrungen und Fähigkeiten in puncto WUT von jedem Kind einarbeiten können.

Das war sehr hilfreich. Unsere Kids waren alle Experten zum Thema WUT – wie so viele Kinder es eben sind. Wir haben das Thema sehr offen und positiv diskutiert. Die Eltern mussten dabei immer irgendwo versorgt sein. Die durften bei unserer Diskussion nicht wirklich dabei sein. Das war spannend.

Konstanze von LESEWEIS®:

„Klingelt dieser Kling-Klang…, dann bin ich allein.“ Das ewig ablenkende Handy kommt im Buch auch sehr markant vor. Wie sehr, glaubst du, frustriert und verletzt das permanente Verschwinden von Eltern in der Welt des Smartphones, schon unsere Jüngsten?

Jan van Holleben: 

Dieses Problem ist wirklich sehr aktuell. Kinder werden wütend und Eltern wissen nicht genau warum. Zeit mit Kindern zu verbringen und Dinge zu tun, die kindgerecht sind, ist sehr wichtig. Kinder brauchen zudem die Aufmerksamkeit der Eltern, wenn man gemeinsam Zeit verbringt. Eltern verbieten Kindern am Handy zu spielen, sind dann aber die ganze Zeit selbst dran. Das ist extrem unfair. All das verwirrt Kinder und spielt dabei in den Wutausbruch hinein, der dann von den Eltern oft falsch aufgenommen wird. Dafür müssen wir alle dringend Lösungen finden. Zombie-Eltern im gleichen Raum mit Kindern ist dabei das allerwenigste was hilft.

Mehr über das Buch erfahrt ihr hier: