Der Mensch und seine Dinge

Die Dinge erzählen lassen. Der Mensch stellt her, sammelt, umgibt sich, pflegt… Und Stefan Laube erzählt davon. Eine am Gegenstand haftende Geschichte der Zivilisation für Erwachsene.

© Hanser-Verlag

Erwachsene, die lesen, sind das beste Vorbild für ihre Kinder. Wenn wir Begeisterung für Bücher zeigen, stecken wir genau damit an. Denn was die Großen haben, wollen auch die Kleinen haben. Und wieder einmal geht es um das Haben. Das Besitzen von Gegenständen, das uns Menschen möglicherweise als genau das auszeichnet, was wir sind. Ein Wesen, das Dinge über die Maßen schätzt. 

Ich möchte euch heute ein hochinteressantes Sachbuch für erwachsene, für wissenshungrige Leser:innen empfehlen, das mich beim Lesen gerade unglaublich in Bann zieht. Ein dickes, eng beschriebenes, über 500 Seiten starkes Werk, das ich Kapitel für Kapitel, allerdings nicht in der vorgegebenen Reihenfolge lese. Ich schlendere durch dieses Buch, das insgesamt 64 Gegenstände in Wort und Bild vorstellt, die sich alle in verschiedensten Berliner Museen finden. Und ich fühle mich beim Lesen als privilegierter Museumsbesucher. Dabei kann ich in dieser geschriebenen, so nirgendwo sonst zusammengetragenen „Ausstellung“, in aller Ruhe die Objekte betrachten und viel Wissenswertes erfahren, ohne mir die Beine in den Bauch zu stehen. (Abgesehen davon, dass jetzt ohnehin all diese Museen geschlossen sind.) Bei den hier versammelten Dingen kann es sich um Kunstgegenstände handeln, einzelne Gemälde von Franz Marc, von Dürer oder Max Klinger sind dabei, solche Berühmtheiten wie die Nofretete, der Berliner Goldhut oder ein Kleid von Coco Chanel. Doch auch vermeintliche Alltagsgegenstände unterschiedlichster Epochen finden sich in diesem Museum von Buch, eine indianische Bisonrobe, ein polynesischer Federmantel, eine schamanische Trommel, aus Papier und Pappe originalgetreu nachgebautes Mobiliar des Bundestags, eine Dönerattrappe… Und je unterschiedlicher die Gegenstände sich präsentieren, umso mehr lassen sie das eigentliche Betrachtungsobjekt aufleuchten: den Menschen. Uns. Die Sammler und Hersteller der Dinge. Die Wesen, die sich mit Dingen umgeben. Das macht nachdenklich; ist spannend und lehrreich. Und so ein bisschen frage ich mich auch, ob nicht solch herausragenden Bücher die Museen der Zukunft sind, damit jeder Interessierte genau hinschauen und hinhören kann; die Kulturgegenstände aber bei ihrem jeweiligen Volk bleiben können. 

Stefan Laube: DER MENSCH UND SEINE DINGE.

Hanser-Verlag, 2020. Gebunden. 512 Seiten. ISBN 978-3-446-26824-1. Für Erwachsene