Köstliche Reime und gewitzter Inhalt im schelmischen Miteinander. Das sind die Kinderverse von Franz Hohler. Kongenial illustriert von Kathrin Schärer.
Dieses Buch ist ein Dauerbrenner der Kindheit meiner Tochter. Ich habe mit diesem entzückend schrägen Gedichtband für Kinder erlebt, was Kinderliteratur in der Gesellschaft auslösen kann. Wir hatten vor 13 Jahren nämlich die Ehre (von Heidelbergs Kinderbuchhandlung „Leanders Leseladen“ aus), dem Schweizer Dichter Franz Hohler, sowie der wunderbaren Illustratorin Kathrin Schärer den Heidelberger Leander als Preis zu überreichen. Die damals 2. Klasse meiner Tochter trat geschlossen auf die Bühne und jedes Kind hatte ein Gedicht im Stil der in diesem Buch versammelten Texte gemacht. Das ist ganz einfach, denn jedes Gedicht in diesem Buch beginnt mit „Es war einmal ein…“ und man hängt ein Tier oder einen Gegenstand und weitere 3 – 8 Zeilen an, um eine unsinnige kleine Geschichte zu erzählen. So nach dem Motto „Es war einmal ein Igel, dem wuchsen plötzlich Flügel. Er flog, ihr glaubt es kaum, auf einen Tannenbaum.“ —
Was soll ich sagen? In meinem Dorf vor den Toren Heidelbergs brach damals die Dichtkunst aus. Im ganz großen Stil. Alle dichteten mit, nicht nur die Schüler und die Lehrer, auch die Eltern und die Geschäftsleute. Es ging so weit, dass Autos neben mir am Bürgersteig langsamer machten, Scheiben runter gekurbelt wurden und man mir zuraunte: „Konstanze, hör mal! Es war einmal ein Fön, der brummelte so schön…“ — Wir warfen uns die Gedichte hin und her und wurden immer besser. Von dem Spaß, den wir dabei hatten, ganz abgesehen.
Nun ist mir dieses Büchlein Jahre später wieder in die Hand gefallen und ich freue mich, dass es (auch im Handel) immer noch existiert. Es kommt mir etwas leiser vor als damals, doch es steckt immer noch voll schräger Ideen und vor allem voller Lachen und Inspiration. Ihr könnt es vorlesend zu zweit genießen. Oder ihr macht auch mit vielen Leuten ein lebendiges und lautes Projekt daraus. Dichten ist Basteln mit Wörtern. Der große Vorteil: Es klebt und verschmiert nix und die entstehenden Kunstwerke brauchen nachher keinen Platz, wo sie untergebracht werden.
Viel Spaß euch mit Franz Hohlers ES WAR EINMAL EIN IGEL. Ich hab jetzt zu tun. (Es war einmal ein Reimebuch, das kam um halb fünf zu Besuch…)
Franz Hohler, Es war einmal ein Igel. Kinderverse. Durchillustriert von Kathrin Schärer. Hanser 2011. 11. Auflage 2022. 58 Seiten. ISBN 978-3-446-23662-2. Ab 4